Die Situation
Moderne Schutzkleidungssysteme gegen die Gefahren in der industriellen Arbeitswelt bestehen aus hocheffizienten Textilmaterialien mit hervorragenden textilen, physikalischen und chemischen Eigenschaften. Wenn es dabei um Arbeitsaufgaben mit direktem Zugang zu explosionsgefährdeten oder entflammbaren Bereichen geht, muss Schutzbekleidung mögliche elektrostatische Aufladungen ableiten können. Bisher existierte jedoch dafür noch kein standardisiertes Bewertungskonzept.
Die Elektrostatikprüfung der Ausgangsmaterialien (EN 1149-1, -3) liefert zwar einen wesentlichen Informationsbeitrag, kann aber eine Funktionsprüfung vollständiger ableitfähiger Schutzkleidungssysteme nicht ersetzen. Dies führt insbesondere bei Lieferanten, Konfektionären und Anwendern zu hohen Unsicherheiten. Auf europäischer Ebene beschäftigt sich gegenwärtig die Normungsgruppe CEN/TC 162/WG1/PG2 mit der Erarbeitung einer normativen Basis (EN 1149-4) und der Zielsetzung, entsprechende Prüf- und Bewertungskriterien für elektrostatisch ableitfähige Schutzkleidung festzulegen.
Das Projekt
Jetzt liegt dank eines Vorlauffforschungsprojekts Chemnitzer Textilforscher eine standardisierungsfähige und zugleich praxisgerechte Prüf- und Bewertungsmethode zur Beurteilung kompletter elektrostatisch ableitfähiger Schutzkleidungssysteme hinsichtlich davon ausgehender Zündgefahren vor.
Im Forschungsvorhaben wurde seitens des STFI e.V. eine Prüfapparatur unter Nutzung eines Elektrostatik-Personenmodells entwickelt und diese der o. g. Normungsgruppe vorgestellt. Ziel ist eine entsprechende normative Überführung.
Zum Projektende konnte eine funktionale Testeinheit, bestehend aus Prüfpuppe, Messkammer und Gerätetechnik als Demonstrator bereitgestellt werden. Vergleichsversuche mit realen Testpersonen belegten eine Übertragbarkeit der Ergebnisse. Damit war es gelungen, relevante biophysikalische/bioelektrische Eigenschaften auf eine Prüfpuppe zu übertragen.
Der Teststand zeichnet sich durch eine hohe Reproduzierbarkeit und Erweiterbarkeit aus. Neben der Detektion zündfähiger Entladungen können weiterhin auch typische sicherheitsrelevante Szenarien nachgestellt werden, beispielsweise eine Unterbrechung der Erdung oder das Kleidungsverhalten bei Spannungskontakt. Der Demonstrator wird projektübergreifend weiterentwickelt.
Der Nutzen für den Mittelstand
Den Hauptnutzen tragen die deutsche Textilindustrie sowie die Anwender entsprechender Schutzkleidungssysteme, aber auch Prüf-, Zertifizierungs- und gesetzgebende Stellen. Durch klar definierbare Gestaltungs-, Funktions- und Anwendungsrichtlinien kann den ständig steigenden Industrie- und Sicherheitsanforderungen Rechnung getragen werden. Durch ableitbare Herstellerempfehlungen können die Entwicklungszeiträume und -kosten deutlich reduziert werden.
Ansprechpartner
Christian Vogel
christian.vogel@stfi.de
+49 371 5274 237
Fördergeber
Finanzielle Förderung über das Forschungskuratorium Textil als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungseinrichtungen (AiF) aus Haushaltsmitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie im Rahmen des Programms zur Förderung der "Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF)" mit der Projektnummer 18287 BR/1.